Die Politische Bildungsfahrt

Das Projekt "Der NSU-Komplex" basiert auf der Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrund, der von 2000 bis 2011 durch Deutschland zog. Mit fünf angehenden Erzieher*innen einer Berufsschule fuhren wir erst nach Wolfsburg, um dort einen Vortrag zu Frauen in der rechtsextremen Szene zu hören, anschließend ging es weiter nach München. Dort nahmen wir einen Tag am Prozess teil. Am Tag danach ging es zurück über Erfurt, wo wir abends einen ehemaligen V-Mann trafen, der Teil des NSU-Komplex war. Er kannte die Person, die auf der Zeugenbank saß und konnte zusätzlich einige erschreckende Hintergrundinfos liefern. Die Fahrt war intensiv, sehr intensiv. 

Die Teilnehmenden der Fahrt haben die Erfahrungen aufgearbeitet und vor ca. 500 Schüler*innen ihrer Berufsschule dargestellt und sensibilisiert. 

Politische Bildungsfahrten haben meistens was mit Erfahrungslernen zu tun. Wenn wir Inhalte erlebbar machen, werden wir sie nicht so schnell vergessen, daher ist dies ein wichtiger Teil politischer Bildung. Insbesondere in Berufen, bei denen demokratische Werte vermittelt werden sollen, ist es wichtig, dass die Multiplikatoren erkennen, warum dies notwendig ist und selbst einen Mehrwert dadurch empfinden. 

Die ersten Bildungsfahrten die man wohl macht, sind Klassenfahrten. Unabhängig vom programmatischen Inhalt, sind es Bildungsfahrten, da soziales Miteinander und Diskurs gefördert wird. Wenn nun auch noch inhaltliche Schwerpunkte gesetzt werden, die gesellschaftliche und demokratische Fragen einfließen lassen, können diese sehr prägend sein, vorausgesetzt, es ist ein Miteinander und kein Top-Down. 

Was macht politische Bildungsfahrten aus? Welchen Mehrwert haben sie? 

Wenn das Ziel ist, zu sagen, dass eine bestimmte Zeit oder eine bestimmte Gruppe besonders schlecht war, ist das zu wenig. Es geht darum, es mit sich selbst und seiner Verantwortung, nicht Schuld, in Bezug zu setzen. Es geht zudem darum kritisch zu sein. Der NSU konnte geschehen, weil Sicherheitsbehörden und Zivilgesellschaft versagt haben. Auch der Mord an Lübke und weiteres konnte trotz Verfassungsschutz geschehen. Es geht somit nicht darum, blind zu vertrauen, sondern immer wieder zu prüfen und zu hinterfragen. 

Politische Bildungsfahren müssen Raum für kritisches Denken und kritischen Diskurs geben, sodass wir aufmerksam sind, ständig und überall. 

Dass der NSU weitaus größer war als drei Personen ist bei allen Fachleuten unstrittig. Der NSU setzt sich us einem großen Netzwerk zusammen. Ob dies aufgelöst wird, ist zweifelhaft. So zweifelhaft, wie die Frage, ob jemals politische Verantwortliche den Fall von Oury Jalloh aufdecken wollen. Akten werden geschreddert, Informationen und Ereignisse vor Gericht vergessen. Somit haben wir derzeit an einigen Stellen politische Akteure und Sicherheitsbehörden, die antidemokratisch arbeiten, da so ein verhalten und handeln die Demokratie zersetzt, da sich nach und nach ein Misstrauen ausbreitet.